Thomas Fleischer
  Bildender Künstler         


Lingener Tagespost, Lokales, 10.April 2007

Bilder des Blühens

Neue Ausstellung von Thomas Fleischer im LWH in Holthausen

„Bilder des Blühens, Bilder der Metamorphosen“ – das könnte der Titel einer Ausstellung sein, die Thomas Fleischer im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) zeigt. Die Ausstellung verbindet die einzelnen Bilder mit einem selten geschlossenen Eindruck. Durch eine ganze Reihe von Bildvariationen in ungewöhnlichen, aber einheitlich gehaltenen Formaten wird der Betrachter förmlich in das Zentrum einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Materie gesogen, die sich im Fortgang in lichtvollen Motiven und schließlich in den feinen Übergängen und Strukturen einer Landschaft in pastoraler Erscheinung auflöst.

Blumen bilden das immer wiederkehrende Motiv in den Bildern von Thomas Fleischer. Garten-, Sommer-, Vasenblumen faszinieren als Farbkomposition und Strukturierung der Fläche. Fast alle Bilder sind in expressiver Farbgebung gehalten. Der Betrachter wird durch eine Symphonie der Farben überrascht, die durch einen kraftvollen Duktus meist dick aufgetragen wurden, so dass Anklänge zu einer faszinierenden Dreidimensionalität erkennbar sind. Gegenständliche Elemente tauchen in den Bildern Thomas Fleischers stets mehr oder weniger stark generalisiert auf, bis sie in einigen Arbeiten („Schwarz, Rot, Gold“) zu einer vitalen, völlig autonomen Behandlung der Farben, Flächen und Formen reduziert werden. Bei seinen formalen Vereinfachungen lässt der Künstler oft das Gestaltungsmittel des „imaginären Zentrums“ seine geheimnisvolle Wirkung ausüben.

Fleischer hat unverkennbar zu einer eigenen, kraftvollen und unmittelbaren Bildsprache gefunden. Seine meist großformatigen Bilder bestechen durch Fantasie, Farbdichte und vitale Gestik. Erscheinungen und Phänomene der Natur werden als Thema in die Bildgestaltung hineingenommen, ohne dass sie dokumentarisch abgebildet werden.

Je mehr sich der Betrachter den Arbeiten ausliefert, umso stärker teilt sich ihm die unterschwellige Atmosphäre der Situation, die Stimmung des Künstlers mit.

Von: mb 


Neue Osnabrücker Zeitung vom 31.August 2012

Provokation und Poesie

BBK-Kunstquartier: Thomas Fleischer und Rüdiger Höding

Politik und Poesie, Provokation und Fantasie. Eine neue Ausstellung im BBK-Kunstquartier bietet Kontrastreiches: Lesbisch Liebende im innigen Kuss, ballernde Frauen aus PC-Spielen als „Kindermädchen“ und rechtsextreme Massenmörder in Freimaurer-Kluft stehen filigranen ausgearbeiteten Objekten gegenüber, die den Menschen in seiner existenziellen Verletzlichkeit thematisieren.

„Traum – Phantasie – Wahn“ ist der Titel der Ausstellung, bei der traditionell ein Mitglied des Bundes Bildender Künstler (BBK) aus der Region Osnabrück auf einen Kollegen von außerhalb trifft. In diesem Fall machte sich Thomas Fleischer auf die Suche nach einem passenden Partner und fand ihn in Rüdiger Höding aus Bad Salzdetfurth.

Während Fleischer mit seinen Gemälden aktuelle gesellschaftlichen Entwicklungen aufs Korn nimmt, verarbeitet Höding mit seinen Skulpturen aus Holz, Gaze, Kupferfolie und Stein einschneidende Erlebnisse in seinem Leben. Wie Schiffe mit Segeln wirken seine zerbrechlichen Vehikel, in deren Takelage Figuren balancieren, die im nächsten Moment abzustürzen drohen – oder durch glückliche Fügung durch eine Netz vom Abgrund bewahrt werden. Die Objekte mit Titeln wie „Zeitleiter“ oder „Traumfänger“ stehen zum Teil auf wagenähnlichen Sockeln, die das Fortschreiten der Zeit symbolisieren, sich aber selbst behindern, wenn zwei Räder an jeder Seite jegliche Bewegung sabotieren

Fleischer, der auch nichtgegenständlich malt – zurzeit zeigt er abstrakte Malerei in der Belmer Rathausgalerie – setzt hier mit seinen eher realistischen Bildern einen Kontrapunkt. Bewusst gesetzte Zitate aus Ballerspielen, die nach Meinung des Künstlers heutzutage erzieherische Funktionen im Kinderzimmer übernehmen, aggressiv schauende junge Frauen, die fundamentalistische Tendenzen in unserer Gesellschaft verkörpern, und Comic-Figuren, die für den ungelebten Teil des Menschen im psychoanalytischen Sinn stehen, sprechen eine deutliche Bildsprache, wenn man mit den Zeichen und Stilistiken von X-Men, den amerikanischen Superhelden aus dem Marvel-Verlag, oder Lara Croft in Tomb Raider vertraut ist, die die Welt sowohl als Comicfiguren als auch als Filmhelden vor dem Bösen bewahren.

Moderne Graffiti-Zitaten versetzen die Szenerien zusätzlich in eine urbanes Umfeld. Fleischer kreiert so einen stillen Aufschrei gegen den Zeitgeist, aber auch ein vehementes Plädoyer für die Freiheit des Individuums. 

Von Tom Bullmann 

   


Wittlager Kreisblatt/ NOZ 17.6.14 

Gesteuerter Zufall mit eigener Technik

Neue Ausstellung im Schafstall mit eigenen Arbeiten von Thomas Fleischer

„Sind wir in einer oder in zwei Ausstellungen?“ Diese Frage, die er mehrfach gehört hatte, griff Thomas Fleischer bei der Eröffnung am Freitagabend im Bad Essener Schafstall umgehend auf. Er sagte: „Das ist in der Tat so, und ich hätte nicht so ausgestellt, wenn es sich hier um einen einheitlichen Raum handelte.“

Bereits der Name der Ausstellung „Figur und Abstraktion“ gibt einen gewissen Hinweis auf die Dualität. Der zentrale Raum ist der Aktmalerei und dem Figürlichen vorbehalten, in den beiden Nebenräumen steht Abstraktes im Mittelpunkt.

Die kurze Begrüßung des Künstlers und der Besucher übernahm Luisa Dahmen vom Kunst- und Museumskreis Bad Essen. Anschließend gab der Künstler, der in Osnabrück zu Hause ist, vielfältige Erläuterungen zu seinen Arbeiten. Einleitend schmunzelte er angesichts der Anzahl der Besucher der Eröffnung: „Es finden parallel wichtige Spiele statt. Der Termin hier steht in Konkurrenz zu einer solchen Großveranstaltung. . .“

Thomas Fleischer ist ein Künstler, der zwar nach eigener Aussage „immer ein bisschen gemacht hat – von Aquarell bis Gouache“ – das Ganze aber im fortgeschrittenem Alter intensiviert hat. In den 1950er Jahren hatte er die staatliche Kunstschule in Bremen besucht, eine Schneiderlehre absolviert und einige Zeit Mode studiert. Danach wechselte er in den technischen Bereich.

„Vor etwa 15 Jahren kehrte ich in den künstlerischen Bereich zurück. Seitdem habe ich mich intensiv mit Aktmalerei auf akademische Art auseinandergesetzt“, so Fleischer. 2009 schloss er sein Studium Bildende Kunst ab. Er stellt fest, dass seine jüngeren Arbeiten weitaus gelöster, eben leichter hingeworfen erscheinen. Anregungen bezieht der Künstler nach seiner Aussage (und in der Ausstellung im Schafstall problemlos erkennbar) auch aus den Bereichen Comic und Graffiti.

Fleischer interessiert sich für Teile der Persönlichkeit, die nicht gelebt werden, denen „man manchmal fremd gegenüber steht“. Ein Beispiel dafür ist die „blaue Frau“, ein großformatiges Doppelbild, das den Titel „Fremder Schatten“ trägt. Apropos Schatten. Die Darstellung der Haut in ihren vielfältigen Nuancen fasziniert den Künstler auf besondere Art. Der Betrachter erkennt bei näherer Betrachtung höchst unterschiedliche Farben, die erst gemeinsam Wirkung erzielen. Und ganz nebenbei rückt dann der Hintergrund mit weiteren Entdeckungen ins Blickfeld . . . Eine Betrachterin: „Das ist supertoll.“

Neben dem figürlichen Bereich hat Fleischer sich dem Abstrakten gewidmet: „Da bietet sich immer etwas Neues.“ Im Zentrum stehen dabei Arbeiten in einer ganz persönlichen Technik. Die dazu gehörige Frage, wie sich ein solches Bild entwickelt, beantwortet der Künstler zusammenfassend so: „Die Farbschichten werden übereinandergelegt als eine Art gesteuerter Zufall.“ Er fügt umgehend hinzu, dass er dafür eigene Werkzeuge zusammengestellt hat – und dass es rund um die Technik einige Geheimnisse gibt. Die Mischung und Konsistenz der Ölfarben bedurfte demnach etlicher Experimente. Fleischer: „In der Regel gibt es mindestens ein Dutzend Schichten. Das macht die Bilder, die durch eine Fläche zusammengehalten werden, interessant.“

Und erst als Fleischer Zeit hatte und sich entschloss, sich vollständig auf die Kunst einzulassen, wuchs die Zufriedenheit mit den Ergebnissen seiner Arbeit. Er sagt: „Man muss auch mal ein halbes Jahr bei einem Thema durchhalten, um zu Qualität zu kommen, die es sich zu zeigen lohnt.“ Die abstrakten Bilder male er so häufig über, bis ihm das Ergebnis gefalle: „Aber irgendwann kommt es dann . . .“

Die Ausstellung im Schafstall beinhaltet eine Auswahl der Arbeiten des Osnabrückers, die er zusammen mit seinem Kollegen Manfred Heinze aufgehängt hat. „Wir haben rausgesucht, was passt.“ Vielfach handelt es sich um Arbeiten, die in jüngerer Zeit entstanden sind.

 

Von Karin Kemper 


Neue Osnabrücker Zeitung vom 14.2.17

Zur Ausstellung "Nicht jeder Akt ist nackt!

Ob nackt oder nicht, ist nicht relevant

Retrospektive Akte: Thomas Fleischer stellt aus.

 

Der Künstler Thomas Fleischer hat seinen Bilderbestand durchforstet und nach Akten Ausschau gehalten. So kam die Ausstellung „Nicht jeder Akt ist nackt!“ zustande, die gerade im BBK-Kunstquartier eröffnet wurde, eine Sujet-abhängige Retrospektive.

Die ältesten Akte sind von 2005. Damals malte Fleischer weibliche Rückenansichten in Pastellfarben. Wie die Impressionisten nahm er keine Rücksicht auf realitätsnahe Abbildung seiner Modelle. So schimmert die Haut einer Rothaarigen blau mit einem Stich ins Grün, derweil eine Blonde mit changierenden Körperfarben vor einem mediterran ausschauende Gebäude mit Turm sitzt.

Später experimentierte der Osnabrücker Künstler mit seiner Leidenschaft, den Comicstrips. Kaum noch wahrnehmbar verschwimmen Akte in einem Gewirr aus Bildelementen, die der Welt der Superhelden entnommen scheinen.

Auf den Titel der Ausstellung kam Fleischer, als er seine neuesten Werke betrachtete. Mit Aquarellfarbe und Bleistift kreierte er eine Reihe von Akten, die sich immer mehr aus der gegenständlichen Welt verabschieden. Erinnern die einen noch entfernt an einen menschlichen Körper, so bestehen andere Arbeiten aus freien Farbflächen. Da bekommt die Fantasie Flügel. Und ob diese abstrakten Akte nackt sind oder nicht, ist letztlich nicht relevant.

Auf die Spitze treibt Fleischer es mit seinem Werk „Akt – für Latexfreunde“. Was sich nach Rotlichtviertel und ungewöhnlichen Sexpraktiken anhört, ist schlichtweg eine weiterer Schritt in die Abstraktion.

Ein Objekt befindet sich in einem Bild, das wie ein „Readymade“ erscheint, wie ein Alltagsgegenstand. Tatsächlich handelt es sich um ein schwarzes Kabel. Drumherum entwirft Fleischer einen Raum mit Tisch und Fenster in knalligen Tagesleuchtfarben. Popart spezial.

 

Von: Tom Bullman